19 Sep 2024

Arbeitszeiterfassung: muss diese minutengenau erfolgen?

Seit dem sogenannten „Stechuhr-Urteil“ des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Jahr 2019 und der Umsetzung durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Jahr 2022 steht fest: Arbeitgeber stehen in der Pflicht, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter systematisch zu erfassen. Besonders wichtig ist dabei: Die Arbeitszeiterfassung muss minutengenau erfolgen. Doch was bedeutet „minutengenau“ in diesem Kontext? Wie genau muss die Arbeitszeit wirklich erfasst werden? Mit der minutengenauen Arbeitszeiterfassung ist die exakte Dokumentation von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit gemeint. Insofern reicht es nicht mehr aus, Arbeitszeiten im 5-Minuten-Takt, 15-Minuten-Takt oder sogar im Stundentakt zu dokumentieren. Unternehmen müssen ein System implementieren, welches Arbeitsbeginn, Arbeitsende, Überstunden und Pausenzeiten minutengenau erfasst.

 

Gesetzliche Grundlagen zur minutengenauen Zeiterfassung

 

Hintergrund der minutengenauen Arbeitszeiterfassung ist das im Mai 2019 gefällte Urteil des EuGH (CC-15/18). Das Urteil verpflichtet Mitgliedsstaaten dazu, Gesetze umzusetzen, die Arbeitgeber dazu veranlassen, ein „objektives, verlässliches und zugängliches System“ einzurichten, welches die tägliche Arbeitszeit von Arbeitnehmern dokumentiert. In Deutschland erfolgte die Umsetzung des Urteils durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) erstmals im September 2022. Hier stellte das BAG in einem Beschluss (1 ABR 22/21) klar, dass die Arbeitszeiterfassung eine Pflicht für Arbeitgeber sei.

Obwohl die Pflicht zur minutengenauen Zeiterfassung schon seit September 2022 besteht, gab es bisher noch kein Gesetz, welches die genaue Umsetzung der verpflichtenden Arbeitszeiterfassung regelt. Konkretisiert wurde das Gesetz im April 2023 mit einem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). Der Entwurf brachte wichtige Neuerungen und Präzisierungen bezüglich der Umsetzung des Beschlusses aus dem Jahr 2022. Zu den Neuerungen gehören beispielsweise die Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung, die Festlegung von Aufbewahrungsfristen, Übergangsfristen sowie die Regelung möglicher Bußgelder bei Verstößen. Bis Ende 2024 werden weitere Anpassungen des Gesetzesentwurfs erwartet. Arbeitgeber stehen jedoch auch jetzt schon in der Pflicht, die Arbeitszeiterfassung minutengenau mittels einer elektronischen Lösung umzusetzen.

 

Warum muss die Arbeitszeit minutengenau erfasst werden?

 

Die minutengenaue Erfassung der Arbeitszeit soll Arbeitnehmer schützen und zur Förderung fairer Arbeitsbedingungen beitragen. Die Regelung ist in vielfacher Hinsicht vorteilhaft.

  • Schutz der Arbeitnehmerrechte: Durch die minutengenaue Arbeitszeiterfassung sollen Arbeitnehmer geschützt werden. Die Richtlinie wirkt Verstößen gegen gesetzlichen Höchstarbeitszeiten entgegen, da die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden genau dokumentiert werden.
  • Faire Vergütung: Die minutengenaue Arbeitszeiterfassung trägt zur eine fairen und transparenten Vergütung der Arbeitnehmer bei. Da die tägliche Arbeit genau dokumentiert wird, werden Überstunden entsprechend vergütet. Unbezahlte Mehrarbeit wird somit verhindert.
  • Rechtssicherheit: Die detaillierte Arbeitszeiterfassung schafft Rechtssicherheit für Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber. Bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, wie beispielsweise Überstundenforderungen oder Kündigungsschutzklagen, liefert sie eine verlässliche Beweisgrundlage.
  • Effizienzsteigerung: Die genaue Arbeitszeiterfassung kann sogar dazu beitragen, Arbeitsabläufe zu optimieren – zwar geht es hier explizit nicht darum, Arbeitnehmer genauestens zu kontrollieren, trotzdem kann die Dokumentation der Arbeitszeit Aufschluss über Arbeitsprozesse geben. Durch die Analyse von Arbeitszeiten können ineffiziente Abläufe identifiziert und optimiert werden.

 

Welche Möglichkeiten gibt es, die minutengenaue Arbeitszeiterfassung umzusetzen?

 

Bei der Umsetzung der minutengenauen Arbeitszeiterfassung haben Personalleiter bzw. Unternehmer verschiedene Optionen. Wichtig ist für Sie, dass Sie sich über die verschiedenen Möglichkeiten informieren und eine Lösung finden, die sich für Ihr Unternehmen eignet.

Elektronische Zeiterfassungssysteme zählen zu den gängigsten Methoden, die minutengenaue Arbeitszeiterfassung umzusetzen. Vorteile sind neben der hohen Genauigkeit und Zuverlässigkeit die automatische Datenübertragung in Lohnbuchhaltungssysteme. Die elektronische Arbeitszeiterfassung ermöglicht eine unkomplizierte Auswertung und Berichterstellung, was die Einhaltung gesetzlicher Richtlinien maßgeblich vereinfacht. Die HR-Software von Emply verfügt neben einem Modul für die Erfassung der Arbeitszeit über eine breite Vielfalt weiterer Funktionalitäten, die für ein reibungsloses Personalmanagement sorgen. Mit unserer Lösung profitieren Sie von einem effizienten Bewerbermanagement, Mitarbeiter-Befragung-Tool und vielen weiteren Features.

Eine flexiblere Alternative zu HR-Softwares sind mobile Apps zur Zeiterfassung. Diese ermöglichen eine ortsunabhängige Nutzung und sind in der Regel kostengünstiger. Sie eignen sich vor allem für Unternehmen, in denen Außendienstmitarbeiter beschäftigt sind oder in welchen Mitarbeiter zu einem hohen Anteil im Homeoffice arbeiten. Auch eine browserbasierte Lösung ist möglich – hier erfolgt die Arbeitszeiterfassung über jegliche internetfähige Computer oder mobile Endgeräte, eine separate Software ist nicht nötig.

 

Tipps zur Realisierung der minutengenauen Arbeitszeiterfassung

 

Sie fragen sich, wie Sie eine ordnungsgemäße Erfassung der Arbeitszeit möglichst reibungslos implementieren? Wir zeigen auf, was Sie bei der Umsetzung beachten sollten.

  • Anforderungen: Welche Arbeitsmodelle prägen Ihr Unternehmen? Haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, in Gleitzeit zu arbeiten? Gehört Schichtarbeit zum Unternehmensalltag? Wird an einem festen Standort oder im Homeoffice gearbeitet? Haben Ihre Mitarbeiter die Wahl? Wählen Sie ein System, das sich nach den Arbeitsbedingungen in Ihrem Unternehmen richtet.
  • Mitarbeitereinbindung: Am einfachsten verläuft die minutengenaue Erfassung der Arbeitszeit, wenn Sie die Dokumentation an Ihre Mitarbeiter abgeben – damit vermitteln Sie nicht nur Vertrauen, sondern reduzieren außerdem den mit der Erfassung verbundenen administrativen Aufwand.
  • Datenschutz: Stellen Sie sicher, dass das gewählte System den Datenschutzrichtlinien entspricht. Informieren Sie Ihre Mitarbeiter transparent darüber, welche Daten erfasst und wie diese verwendet und geschützt werden.
  • Integrationsmöglichkeiten: Im besten Fall ist die Software, mithilfe welcher Sie die Arbeitszeit erfassen, mit Ihrer bestehenden HR-Software kompatibel bzw. lässt sich in diese integrieren. Mit einer nahtlosen HR-Software-Integration reduzieren Sie den Aufwand und implementieren eine ganzheitliche Lösung für Ihre HR-Abteilung.
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